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Eine Vision und ihr Bild: Die Frau im Labyrinth

Ein offener Brief von Agnes Barmettler

Labyrinth-Logo

Sie sah Labyrinthe überall auf der Erde, an 133 Orten. Es waren öffentliche Plätze, unter freiem Himmel, von Frauen gestaltet, allen Interessierten zugänglich gemacht. So selbstverständlich wie Fussballplätze waren sie; das war 1986 die Vision von Rosmarie Schmid. Sie weckte Begeisterung. Ein internationales Frauenprojekt nahm seinen Anfang.

Voller Freude darüber habe ich damals ein Bild gestaltet, das die Vision der öffentlichen Frauenplätze bekannt und sichtbar machen sollte: die Frau im Labyrinth. Sie wurde zum Orientierungs- und Kennzeichen nach innen und nach aussen: zum Logo des Projekts.

Meines Wissens gab es zu jener Zeit in keiner Stadt einen Ort, der als öffentlicher Frauenplatz bezeichnet wurde. Das Labyrinth war schon da, wir wollten es neu beleben. Dieses Urzeichen vieler Kulturen aus vorpatriarchaler Zeit schien uns wie ein Geschenk für eine notwendige Neuorientierung in der Gegenwart. Wir wollten es brauchen als Kulturmuster und Kommunikationsmodell für neue Umgangsformen in der Öffentlichkeit. Wir haben damit 1991 angefangen, auf dem Pionierlabyrinth in Zürich. Jahr für Jahr gründen Frauen weitere Labyrinthplätze, in Europa und darüber hinaus.

Die Vision ist keine Utopie geblieben.

Wir sehen die Frauenplätze nicht als geschlossene Zirkel, wo Frauen in geschütztem Rahmen unter ihresgleichen zusammenkommen, ihre Standpunkte finden und diskutieren (solche Räume braucht es und es gibt sie). Die öffentlichen Frauenplätze sind eine Ergänzung dazu. Sie haben eine politische Dimension. Mit Hilfe des Labyrinths wollen wir die in unserem Kulturkreis üblichen Wertungen aus der Sicht von Frauen hinterfragen, die Gesetzmässigkeiten des Lebens neu anschauen. Wir können einen interdisziplinären Kulturdialog in Gang bringen, an dem sich Frauen wie Männer beteiligen.

Das Logo erinnert an vier gemeinsame Merkmale der öffentlichen Frauenplätze:

  1. Ihr Kennzeichen ist das Labyrinth.
  2. Sie sind geöffnet, wie dieses Zeichen, zugänglich für alle.
  3. Jeder öffentliche Frauenplatz und jede beteiligte Person ist autonom, eigenständig wie die Frau im Labyrinth und, wie sie, je ein Teil eines zusammenhängenden Ganzen.
  4. Die öffentlichen Frauenplätze wissen sich in Verbindung zu einander.

Gemeinsam spinnen sie den Faden der Ariadne und bilden daraus ein Netz zur gegenseitigen Stärkung nach innen und nach aussen. Durch den Namen im Text des Logos wird dieses Ariadne Netzwerk sichtbar gemacht.

Viele können sich mit der Frau im Labyrinth identifizieren, fühlen sich ihr verbunden und zugehörig. Sie haben das Bild verinnerlicht und durch Veröffentlichung weiter verbreitet. Ich habe mir das gewünscht und dazu ermuntert. Ich habe angenommen, die Angabe der Quelle sei selbstverständlicher Brauch. Meinen Namen habe ich nicht dazugesetzt, das ist bei einem Logo nicht üblich. Wichtig ist, wofür es steht, dass die öffentlichen Frauenplätze bekannt werden, dass die Präsenz der Frauen und ihr Wirken sichtbar und öffentlich bewusst wird. Deshalb gehört der Text zum Bild. Zusammen sind sie das Markenzeichen des Ariadnenetzwerks, sein Logo.

Ich wünsche, dass alle, die das Logo brauchen, mit einer Originalvorlage arbeiten können, die einen qualitativ guten Druck ermöglicht. Ich hoffe und wünsche auch, dass alle öffentlichen Frauenplätze das Logo mit Freude brauchen und damit ihr Interesse an einer internationalen Frauen-Power ausdrücken, ihr Verbunden-Sein, oder “Affidamento”, ihre Zugehörigkeit – “belonging” – zur Frau im Labyrinth.

Die Frau im Labyrinth

Labyrinth-LogoDie Frau im Labyrinth bildet mit ihrem Körper das Orientierungskreuz der Labyrinthstruktur. Ihr Herz im Schnittpunkt der waagerechten und der senkrechten Achse ist das Integrationsorgan für die unterschiedlichen Kräfte der Extreme. Es ist die verborgene Mitte des Labyrinths, der Ort wo alle Kräfte im Gleichgewicht sind, gleichzeitig in Ruhe und in Bewegung. Aus diesem Mittelpunkt bewegen sich die Weg weisenden Strukturbogen des Labyrinths. In je einer Hin- und Her-Bewegung, verbunden mit dem Kopf, dem Fuss, dem linken und dem rechten Arm der Frau, bezeichnen sie die Grenzen des menschlichen Masses innerhalb der Gesetze des Lebens und erinnern an sie.

Die senkrechte Achse, die von Kopf bis Fuss durch jeden menschlichen Körper geht, erinnert an die Verbindung von Körper und Geist, von oben und unten, von Himmel und Erde, beides in Einem, gleich gültig.

Die waagerechte Achse, die durch die ausgebreiteten Arme sichtbar wird, erinnert an den Handlungsspielraum der linken und der rechten Seite und an die Fähigkeit des Umarmens, beides in Einem, gleich gültig.